Der Bundesrat schlägt klarere Regeln zur Festlegung der Finma Kompetenzen vor. Am Mittwoch den 01. Mai hat er eine entsprechende Verordnung in die Vernehmlassung geschickt, die bis zum 07. August dauert.
In den letzten Jahren war der Finma immer wieder vorgeworfen worden, mittels Rundschreiben zu regulieren statt zu informieren. Vereinzelte Beaufsichtigte haben in jüngster Vergangenheit die Anwendung von Rundschreiben auch gerichtlich überprüfen lassen und mussten allerdings feststellen, dass die Gerichte in den meisten Fällen die Regulierung der Finma stützten. Auch der Verdacht der systematischen Verletzung des Legalitätsprinzips durch die Finma liess sich im Rahmen der vom Ständerat durchgeführten Prüfung nicht erhärten. Welcher Vorteil dürfen sich die Beaufsichtigte von der neuen Verordnung also erhoffen?
Im Verordnungsentwurf wird die Zusammenarbeit zwischen dem EFD und der Finma in den internationalen Aufgaben und in der Regulierung neu geregelt. International wird die Finma künftig mehr in der Rolle einer Botschafterin auftreten müssen und sich hinsichtlich finanzpolitischen Massnahmen enger mit dem Bundesrat abstimmen. Damit gewinnt der Bundesrat mehr Einfluss über die internationale Finanzpolitik. Weiter will der Bundesrat klarstellen, dass die Finma mittels Rundschreiben keine rechtsetzenden Bestimmungen erlassen darf und die Regulierung dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit sowie den Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes gerecht werden muss. Rundschreiben sollen ausschliesslich zur Transparenz über die Anwendung der Gesetzgebung schaffen. Nichts Neues also. Dies entspricht der heutigen Gesetzgebung im FINMAG. Neu ist hingegen, dass die Finma bestehende Regulierungen periodisch auf ihre Notwendigkeit, Angemessenheit und Wirksamkeit prüfen muss.
Zur Beurteilung der Auswirkungen der Verordnung auf die Aufsichtspraxis und den Aufsichtsdialog mit den Beaufsichtigten gilt es verschiedene Aspekte zu berücksichtigen. Einerseits werden Genehmigungs- und Vernehmlassungsverfahren mehr Zeit in Anspruch nehmen, um Änderungen in der Regulierung vorzunehmen, was eine Verlangsamung des Regulierungsprozesses nach sich ziehen wird. Darüber dürften sich kleinere und mittlere Finanzdienstleister freuen, für die die Regulierung mittlerweile ein schmerzhaftes Ausmass erreicht hat. Andererseits wird die Rechtsunsicherheit in der Aufsichtspraxis zunehmen. Die Erfahrung zeigt, dass höhere Hürden in der Umsetzung und Kommunikation von Regulierungsbestimmungen dazu führen, dass weniger oder eben gar nicht mehr kommuniziert wird. Gerade dort, wo es Ermessenspielräume gibt, werden künftig Unklarheiten langsamer beseitigt. Im Aufsichtsdialog mit den Beaufsichtigten spielt das der Aufsicht in die Hand. Gerichte werden bei Unklarheiten, die das formal juristische übersteigen, noch vermehrt auf die fachliche Kompetenz der Finma aufbauen wollen, was in letzter Konsequenz bedeutet, dass die Finma im Aufsichtsdialog ihren Ermessensspielraum künftig noch couragierter im Dienste ihrer eigenen Zielsetzungen zum Schutz der Versicherten und Gläubiger vor Insolvenzrisiken und vor Missbrauch einsetzen wird. Ob die eingeleitete Politisierung der Aufsichtspraxis sich zum Vorteil der Branche erweisen wird, wird sich spätestens in der nächsten Krise zeigen.